Unzählige Male habe ich mir Fotoreportagen und Fernsehdokumentationen angesehen und dabei von diesem Land geträumt: von grünen Hügeln und kilometerlangen Sandbänken, von uralten Gletschern und immergrünen Regenwäldern, von zerklüfteten Fjorden, türkisblauen Bergseen und schneebedeckten Vulkanen.
Nun stehe ich hier, an einer kleinen Bushaltestelle in Portobello, inmitten dieser Landschaft, die ich vorher nur aus Magazinen und Bildbänden kannte. Rechts neben mir entdecke ich eine sanft geschwungene, mit weißen Punkten gesprenkelte, Hügelkette. Nach längerem Hinschauen stellt sich heraus: Die hellen Flecken sind Schafe, die auf den saftigen Weiden grasen, faulenzen oder ihre Lämmer säugen. In der Bucht links neben mir schaukeln Fischerboote auf den Wellen des Pazifischen Ozeans und Möwen durchsuchen den, von der Ebbe frei gegebenen Meeresboden nach Krebsen und Würmern.
Neben grasenden Schafen watscheln Gelbaugenpinguine zu ihren Nestern
Auf meinem Weg von Deutschland hierhin habe ich rund 18.000 Kilometer überwunden und dennoch wirkt diese Landschaft so seltsam vertraut. Liegt es nur an den Bildern, die ich mir so oft angesehen habe, bevor ich hierher gereist bin?
Nein! Die Tiere, die Felder, Hügel und Wälder erinnern mich auch an die ländliche Region, in der ich aufgewachsen bin und an Urlaube an der Nordsee. Doch, warum grasen hier auch Hirsche (ähnlich wie Kühe) am Straßenrand auf eingezäunten Weiden?
Solche irritierenden Momente werden auch in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten während meines Auslandssemesters und meiner anschließenden Reise immer wieder aufblitzen: Neben grasenden Schafen und Kühen watscheln vom Aussterben bedrohte Gelbaugenpinguine zu ihren Nestern, um ihre Jungen zu füttern und mein "outdoorerprobter" Mitbewohner geht zwar bei eisigen Temperaturen mit Flip Flops und kurzen Shorts aus dem Haus, weigert sich dann allerdings (trotz Winterreifen und Allradantrieb) zur Arbeit zu fahren, weil ein paar Schneeflocken vom Himmel fallen.
Jedes Jahr fahren zahlreiche Touristen auf einer kurvigen Straße durch den Küstenort Portobello, zu den Stränden der Otago Halbinsel. Fast nirgendwo sonst in Neuseeland lassen sich freilebende Königsalbatrosse, Hector-Delfine, Pinguine, Seelöwen oder Pelzrobben so gut beobachten wie hier.
Auch Schafe haben auf der Otago Halbinsel ein Zuhause gefunden. Sie wurden von den ersten europäischen Bewohnern angesiedelt. Seitdem liefern sie ihren Besitzern Wolle und Nahrung. Darüber hinaus
sorgen sie als natürliche "Rasenmäher" dafür, dass auf den Hügeln keine Bäume wachsen.
Wie wäre es mit einem kleinen Häuschen am Meer? Bei der circa 15.134 km langen Küstenlinie Neuseelands ist dieser Traum gar nicht mal so realitätsfern...
Sie sind überall: Auf dem Campus der University of Otago, auf den Straßen, Supermarktparkplätzen, am Bahnhof, sogar am Forsyth Bar Stadium in Dunedin versuchen Möwen, den ein oder anderen Leckerbissen von hungrigen Stadionbesuchern abzufangen. Diese hier wartete am St. Clair Beach. Der Strand am Stadtrand von Dunedin ist allerdings nicht nur bei Möwen, sondern auch bei Menschen beliebt. Hier gibt es keine gefährlichen Unterwasserströmungen und optimale Wellen zum Surfen.
Etwas abgelegener, dafür einsamer und ursprünglicher ist Allans Beach. Ein Refugium für Gelbaugenpinguine, die in den umliegenden Hügeln nisten. In den frühen Morgen- und Abendstunden kommen sie aus dem Meer, um ihre Jungen zu füttern.
Auch eine Seelöwenmutter und ihr Nachwuchs genießen die ersten wärmenden Sonnenstrahlen des Frühlings am Allans Beach.
Die University of Otago (gegründet: 1869) ist die älteste Universität Neuseelands und liegt in Dunedin, der größten Stadt auf der Otago Halbinsel. Im Frühjahr tauchen zahlreiche Bäume den Campus in ein Meer aus bunten Blüten.
Der Bahnhof in Dunedin ist nur rund fünf Gehminuten vom Stadtzentrum (Octagon) entfernt. Er zählt zu den schönsten Bahnhöfen Neuseelands! Von hier aus fährt die Taieri Gorge Railway (eine Museumseisenbahn) Touristen an der Küste entlang in das Herz der Otago Halbinsel.
Noch ein weiterer Superlativ: Mit einer maximalen Steigung von 35 Prozent ist die Baldwin Street in Dunedin (laut Guiness-Buch der Rekorde) die steilste Straße der Welt.